Nach mehr als zwei Jahren Corona-Pause hatte die SPD-Harburg am 10. Mai 2022 zu einem Harburger Gespräch eingeladen und gleich drei hervorragende Gesprächspartner zu dem hochaktuellen und brisanten Thema der Klimakrise gewonnen. Am gleichen Tag meldete eine Expertenkommission der UN, dass das 1,5 Grad Ziel bereits 2026 überschritten werden kann.
Auf die provokative, mehrdeutige Frage „Ist die Welt noch zu retten? 5 nach 12 in der Klimakrise“ gaben Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker (Umweltwissenschaftler und ehemaliger MdB), Christiane Blömeke (Vorsitzende des BUND Hamburg) und Matthias Boxberger (Vorsitzender des Industrieverbands Hamburg/Hansewerk AG) Antworten und diskutierten mit dem engagierten und wohl informierten Publikum. Über 60 Gäste waren zu der gut 2 1/2-stündigen Veranstaltung ins Stellwerk im Harburger Bahnhof gekommen. Durch den Abend führte Holger Lange.
In seinem Vortrag zeigte Prof. von Weizsäcker verschiedene Ansätze auf und plädierte mit Nachdruck für eine über die nationale hinausgehende Klima-Welt-Politik. Da Deutschland "nur" 2 Prozent des globalen CO2 emittiert, kann eine grundlegende Reduzierung der Treibhausgasemissionen nur weltweit erreicht werden. Dabei müssen andere Staaten unterstützt werden. Er schlug als ein Instrument den Budget Aproach vor: Jeder Mensch auf diesem Planeten erhält ein CO2-Budget. Ist das entsprechende Gesamt-Budget eines Staates erschöpft, muss er in Verhandlungen mit anderen Staaten treten, um von denen, die noch über ausreichend CO2-Budget verfügen, Anteile zu erwerben. So würden Mittel für die Entwicklung in Staaten des globalen Südens transferiert. Christiane Blömeke stellte die BUND-Sicht dar und plädierte u.a. für erheblich konsequentere Maßnahmen und neue Formen des Wirtschaftens für den Klimaschutz. Matthias Boxberger betonte die Bedeutung der Industrie für den Weg in die Klimaneutralität und zum Übergang in eine Wasserstoffwirtschaft.
In der Diskussion wurde gefordert, Ressourcenverbrauch und wirtschaftliches Wachstum für den Klimaschutz zu entkoppeln. Kurz zuvor, am 4. Mai, war der Earth Overshoot Day für Deutschland: Ab diesem Tag hatte Deutschland alle Ressourcen für das Jahr 2022 aufgebraucht. Es verknüpfen sich z.B. die Fragen ausreichender Lebensmittelversorgung und Gefahren durch den Klimawandel. So stehe die Landwirtschaft als großer Wirtschaftssektor und u.a. Produzent von klimarelevantem Lachgas, für konsequenten Klimaschutz noch zu wenig im Fokus. Ebenso werde zu wenig für den klimaschonenden Einsatz von Recyclingstoffen getan.
Im Fokus standen auch die Auswirkungen des Ukrainekriegs, vor allem im Energiesektor. Die aktuelle Knappheit von Erdöl und Erdgas zeigen auf, wie abhängig wir nicht nur von Russland, sondern auch von fossilen Energieträgern sind. Diese Krise birgt auch eine Chance, den Prozess der notwendigen Energiewende zu beschleunigen. Am Ende bestand Einigkeit, dass jetzt die Stunde entschiedener Maßnahmen ist.
Das nächste Harburger Gespräch am 09. Juni 2022 in der Campus Lounge auf dem Elbcampus beschäftigt sich ebenfalls mit den Entwicklungen in der Ukraine. Zum Thema „Zeitenwende Ukrainekrieg – Die Außen- und Sicherheitspolitik im grundlegenden Umbruch“ diskutieren Dr. Margaretha Sudhof (Staatssekretärin im Bundesministerium für Verteidigung), Dr. Kira Vinke (Leiterin des Zentrums für Klima- und Außenpolitik bei der Deutschen Gesellschaft für auswärtige Politik) und Dr. Hauke Friederichs (Journalist, freier Autor für DIE ZEIT). Um eine Anmeldung bis zum 06.06.2022 unter (040) 77 24 82 oder über unser Kontaktformular: harburg.spd-hamburg.de/kontakt/ wird gebeten.